Nach dem Konzert, nach dem lang anhaltenden Beifall, sagte eine Besucherin mit einer Mischung aus Verblüffung und Begeisterung: „So, genau so klingt Südamerika!“. Ihr Urteil galt wohl nicht nur dem chilenischen Sänger Patricio Padilla und seiner Gruppe, sondern dem ganzen Programm des Abends. Mit „Neruda im Herzen: Hungrig bin ich, will deinen Mund“ eröffnete der Kulturhausverein nach der Sommerpause das zweite Veranstaltungshalbjahr im Kulturtreff in der Strümpfelbacher Straße 38.
Die Mischung aus Gedichten, Anekdoten, Erzählungen und Liedern rückte den großen Dichter Chiles Pablo Neruda in den Mittelpunkt, gleichzeitig aber auch sein Land, Araukanien, den wilden, schönen, armen Süden Chiles und alles, wofür Neruda gelebt und gekämpft hat. Er, der unerschrockene Kämpfer gegen den Faschismus, der genaue und mitleidende Beobachter der Natur, der hingebungsvoll Liebende hat Gedichte hinterlassen, die unter die Haut gehen und eine Lebensgeschichte, der das Publikum atemlos und gelegentlich mit einem Schmunzeln lauschte. Der Schauspieler Jürgen Flügge (einigen noch bekannt als Intendant der Württembergischen Landesbühne Esslingen) las und erzählte mit Wärme und Intensität: Wie Nerudas erste Liebesgedichte ein Mädchen für einen Schulfreund erobert haben – und er mit Quitten belohnt wurde (die Geschichte ist in den Film „Der Postmann“ eingegangen); wie der blasse Student als Erntehelfer unterm Stroh seine Unschuld verloren hat und wie ein Schwan ihn lehrte, dass Sehnsucht töten kann.
Der Sänger und Komponist Patricio Padilla, nach mehreren Exil-Stationen in Heidelberg gelandet, begeisterte mit kraftvollem Gitarrenspiel und kaum gezügelter Leidenschaft in der sehr eigenwilligen Stimme. Kongenial steuerte Stephanie Hügler den weiblichen, biegsameren Teil bei – sowohl mit ihrer Stimme als auch mit ihrem Geigenspiel. Für das stabile rhythmische Korsett sorgte Karl Kempf an der Percussion – handgemacht und „unplugged“ wie überhaupt der ganze Abend.
Die nächste Veranstaltung im Kulturtreff ist bereits am Freitag, 28. September. Um 20 Uhr beginnt die Vernissage „Die Blaue Farbe des Windes mit Zeichnungen und Aquarellen von Gudrun-Kraft-Methfessel. Die Arbeiten entstammen einem Gedichtband, den die Künstlerin illustriert hat, die Texte hat Hanns Cibulka geschrieben. Es liest Rosy Schwing, die musikalische Umrahmung übernimmt Gretel Frohn. Die Ausstellung ist auch am Samstag, 29. September von 10 bis 16 Uhr im Kulturtreff Untertürkheim, Strümpfelbacher Straße 38 zu sehen.